Was sich ab 2017 im Baurecht ändert

Die Bundesregierung hat den Entwurf zur Reform des Bauvertragsrechts in den Bundestag eingebracht. 2017 wird das Gesetz voraussichtlich in Kraft treten. Rechtsanwalt Florian Becker von der Berliner Kanzlei Behm Pudack Becker stellt die wesentlichen Änderungen vor.

Der aktuelle Gesetzesentwurf zur Reform des Bauvertragsrechts enthält eine Vielzahl von Neuregelungen und Änderungen, die von Verbrauchern, Bauunternehmen, Bauträgern und Architekten/Ingenieurin ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens beachtet werden müssen. Das wird voraussichtlich Anfang 2017 sein.

Der Hintergrund

Die Baubranche ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. Das Bauvertragsrechts wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nur rudimentär geregelt. Es ist sehr allgemein gehalten und entspricht nicht den Anforderungen komplexer auf lange Erfüllungszeit angelegter Bauvorhaben. Wesentliche Abläufe und Verfahren sind im BGB nicht geregelt. Es fehlen klare gesetzliche Vorgaben beispielsweise für Architekten-und Ingenieurverträge sowie speziell auf Verbraucherverträge angepasste Regelungen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, gibt es die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) als besonderes Regelwerk für Bauverträge. In Verbindung mit der mittlerweile mannigfachen und kaum noch zu überblickenden Rechtsprechung hat sich das Bauvertragsrechts zu einer äußerst komplexen und vielschichtigen Spezialmaterie entwickelt.

Ziel des Gesetzentwurfs ist, wichtige Vorschriften aus der VOB/B in das BGB zu übernehmen, wesentliche im Bauvertragsrecht bislang nicht vorhandene Regelungen neu aufzunehmen und im Lichte des Verbraucherschutzes die bisherigen und neuen Paragrafen speziell auf Verbraucher anzupassen. Die Gesetzesänderungen betreffen sowohl die allgemeinen Vorschriften, als auch die jeweiligen Vertragstypen. Nachfolgend werden die für die Praxis wichtigsten und relevantesten Änderungen dargestellt.

Allgemeine Vorschriften

Eine fiktive Abnahme nach Paragraf 640 BGB soll künftig auch bei wesentlichen Mängeln möglich sein. Voraussetzung ist die Fertigstellung des Werks, das Setzen einer angemessenen Frist und keine Verweigerung der Abnahme unter Angaben von Mängeln. Lässt der Auftraggeber die Frist zur Erklärung der Abnahme verstreichen, ohne die Abnahme unter Verweis auf wesentliche Mängel zu verweigern, gilt das Werk nach Fristablauf als abgenommen, auch wenn tatsächlich wesentliche Mängel bestehen.

Zumutbarkeitsschwelle im Bauvertrag

Wesentliche Änderungen finden sich in den neu eingefügten Vorschriften über den Bauvertrag. Der Besteller/Bauherr hat entsprechend den Regelungen der VOB/B ein Anordnungsrecht für Leistungsänderungen, welches er wegen vermuteter Dringlichkeit leichter auch durch eine einstweilige Verfügung durchsetzen kann. Bei größeren und zeitlich in die Länge gezogenen Bauvorhaben hatte in der Vergangenheit das Anordnungsrecht für Nachträge und die damit einhergehende zusätzliche Vergütung wirtschaftlich den bedeutendsten Regelungsgehalt.

Während der Auftragnehmer nach der VOB/B grundsätzlich verpflichtet ist, Änderungen des Bauentwurfs auszuführen, enthält der Gesetzesentwurf eine bislang nicht vorhandene Zumutbarkeitsschwelle. Der Unternehmer ist nur verpflichtet die Anordnung auszuführen, wenn ihm dies zumutbar ist. Ist dies nicht der Fall, kann er die Ausführung verweigern. Diese Neuregelung kann in der Praxis erhebliche Auswirkungen haben. Zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer können sich in der Zukunft erhebliche Streitigkeiten über die Auslegung des Begriffs Zumutbarkeit von Änderungsanordnungen ergeben. Hier muss abgewartet werden, welche Kriterien die Rechtsprechung herausarbeiten wird.

Ebenfalls neu geregelt ist die zusätzliche Vergütung derartiger Leistungsänderungen. Neu ist, dass sich die Vergütung nach den tatsächlichen Kosten plus Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn richtet. Bislang musste der Auftragnehmer nach der geltenden Rechtsprechung seine Vergütung auf Basis der hinterlegten oder erstellten Urkalkulation ermitteln. Diese Urkalkulation soll zwar noch als Vermutung für die geschuldete Vergütungshöhe dienen, allerdings nur, wenn der Unternehmer selbst auf diese zurückgreift und sie bei Vertragsschluss hinterlegt worden ist. Durch dieses Wahlrecht des Unternehmers zwischen Urkalkulation und tatsächlichen Kosten sollte in Zukunft der alt bekannte Grundsatz „Schlechter Preis bleibt schlechter Preis und guter Preis bleibt guter Preis“ an Bedeutung verlieren.

Dies kann insbesondere bei großen Bauvorhaben eine erhebliche Auswirkung in der Praxis haben. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren können sich beispielsweise Preise für Stahl oder sonstige Baustoffe stark verändern. Bislang war der Bauunternehmer auch für die Nachtragsleistungen an die Urkalkulation und deren Preise gebunden. Durch die Neuänderungen können beispielsweise sich ändernde Preise für Baustoffe bei der Kalkulation der tatsächlich erforderlichen Kosten berücksichtigt werden, was zu einer höheren Vergütung führen kann.

Neuer Vertragstyp: Der Verbraucherbauvertag

Gänzlich neu eingeführt werden soll der Vertragstyp des Verbraucherbauvertrages. Ein Verbraucherbauvertrag liegt nur bei Verträgen über die Errichtung eines kompletten Gebäudes oder bei erheblichen Umbaumaßnahmen von gleichem Gewicht für das Gebäude mit einem Verbraucher vor. Der Verbraucher muss vor und während der Ausführung umfassend schriftlich informiert werden. Der Bauunternehmer muss eine detaillierte Baubeschreibung des angebotenen Werkes erstellen und überreichen. Dem Verbraucher wird sogar ein Widerrufsrecht eingeräumt, es sei denn, der Vertrag wurde notariell beurkundet.

Ebenfalls zum Schutz des Verbrauchers werden die dem Unternehmer zustehenden Abschlagszahlungen auf insgesamt nicht mehr als 90 Prozent der vereinbarten Vergütung einschließlich Nachträge beschränkt.

Architekten- und Ingenieurvertrag werden ins BGB aufgenommen

Neu in das BGB aufgenommen werden soll der Architekten-und Ingenieurvertrag. Der Architektenvertrag soll als Zwei-Phasen-Modell ausgestaltet werden und sich in eine Zielfindungsphase und eine Ausführungsphase gliedern. Es ist davon auszugehen, dass die Leistungsbilder der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für die Frage der Vergütung und auch die geschuldete Leistung heranzuziehen sind. Die Begründung des Regierungsentwurfs stellt jedoch auch ausdrücklich klar, dass auf eine Bezugnahme zur HOAI verzichtet wurde, da es sich hierbei nur um eine Gebührenordnung handelt. Diese soll nicht zwingend alle Leistungen abdecken, die der Architekt oder der Ingenieur im Einzelfall vertraglich schuldet. Entscheidend wird daher weiterhin sein, welche Leistung konkret vertraglich zwischen den Parteien vereinbart ist.

Der Besteller soll ein Sonderkündigungsrecht erhalten. Nachdem der Architekt dem Besteller die entsprechenden Planungsgrundlagen und Kosteneinschätzung vorgelegt hat, kann der Besteller innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage dieser Unterlagen kündigen, bei Verbrauchern ist ein ausdrücklicher Hinweis in Textform erforderlich.

Allerdings ist eine abweichende Regelung zugunsten der Architekten und Ingenieure für die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung mit dem Bauunternehmer ins BGB eingefügt worden. Architekten und Ingenieure können demnach im Falle einer Gesamtschuld mit dem Bauunternehmer erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Bauunternehmer erfolglos unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert wurde. Nach der Gesetzesbegründung wird dieser Vorrang der Nacherfüllung durch den bauausführenden Unternehmer vorgeschlagen, um die überproportionale Beanspruchung der Architekten und Ingenieure im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung zu mildern.

Interessant an dieser Stelle ist, dass nach der Begründung des Regierungsentwurfs das Anordnungsrecht des Bestellers auch für Architekten-und Ingenieurverträge gelten soll.

Bauträgervertrag

Der Regierungsentwurf und die Begründung sieht keine grundlegende Neuordnung des Bauträgervertragsrechts vor, sondern enthält nur notwendige Klarstellungen und Anpassungen des Bauträgervertrags an das geänderte Recht des Bauvertrages und des Verbrauchervertrages. So gelten hinsichtlich der Errichtung und des Umbaus vorbehaltlich anderer Anordnungen die Vorschriften des Werkvertrags und es wird erläutert, welche Vorschriften des Werkvertragsrechts gerade keine Anwendung finden sollen. Das Recht der Abschlagszahlungen beim Bauträgervertrag bleibt unverändert.

Fazit

Der aktuelle Gesetzesentwurf der Bundesregierung enthält eine Vielzahl von gesetzlichen Änderungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Baupraxis haben werden. Durch die Einführung des Verbraucherbauvertrages werden die Rechte von privaten Bauherren deutlich gestärkt. Unternehmer müssen die einschlägigen Regelungen und Informations- und Widerrufspflichten beachten, um sich keinen Nachteilen auszusetzen.

Inwiefern sich das neue Anordnungsrecht und die damit einhergehenden Vergütung von nachträglichen Leistungen in der Praxis bewähren, muss abgewartet werden. Es ist davon auszugehen, dass dieser Entwurf an der einen unter anderen Stelle noch geändert wird. Insbesondere die Vergütungsanpassung wirft in Ihrer Praktikabilität Fragen auf. Dies betrifft die widerlegliche Vermutung, dass die Kostenansätze in einer hinterlegten Urkalkulation den tatsächlichen Kosten entsprechen und die Zuschläge angemessen sind. Wie dies beispielsweise bei Kalkulationen und deren Aufschlüsselung mit Nachunternehmer-Preisen oder Generalunternehmer-Zuschlägen praktisch erfolgen soll, ist offen und der Begründung nicht zu entnehmen. Hier besteht noch Klärungsbedarf. 

>> Zum Gesetzentwurf

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